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Cochenille
Eigenschaften
Cochenille ist ein roter, wasserlöslicher Farbstoff, der aus drei verschiedenen Schildlausarten gewonnen werden kann. Er enthält Carmin als färbenden Bestandteil. Dieser setzt sich im wesentlichen aus Carminsäure und Kermessäure zusammen. Carminsäure (>Strukturformel) gehört zur Familie der Anthrachinone, welche an den 3 Benzolringen zu erkennen sind. Das Anthrachinon ist chemisch an ein Traubenzuckermolekül gebunden. Cochenille schmeckt in Wasser gelöst sehr bitter. Aus diesem Grunde werden Mäuse und Vögel davon abgehalten, die Schildläuse zu fressen.
Geschichtliches
Der aus den Kermesläusen gewonnene Farbstoff war bereits bei den Ägyptern, Griechen und Römern unter dem Namen Scharlachrot zum Färben von Wolle, Leder und Seide bekannt. Vermutlich liegt der Ursprung für die Scharlachfärberei bei den Phöniziern. Kermes wurde früher auch in der Medizin als Herzmittel verwendet. Die polnische Cochenille fand erstmals in einer Verordnung Karls des Großen im Jahre 812 nach Christus Erwähnung. Diese Schildlausart wurde auch als „Johannisblut“ bezeichnet. Sie lebt unterirdisch an den Wurzeln eines Nelkengewächses.
Die wichtigste Cochenilleart wurde später jedoch die amerikanische Cochenillelaus, die nach der Unterwerfung der Azteken in Mexiko ab dem Jahre 1532 nach Spanien exportiert und ab 1824 auf den Kanarischen Inseln angesiedelt wurde. Dort ist die Schildlaus auf ihrer Wirtspflanze, einer Feigen-Kakteenart (Opuntie) bis heute verwildert anzutreffen.
Neben Gold und Silber wurde Cochenille für Spanien das wichtigste Handelsprodukt. Die amerikanische Cochenillelaus verdrängte wegen ihres höheren Farbstoffgehalts schnell die einheimische Kermeslaus. Neben den Kanarischen Inseln wie Lanzarote oder Fuerteventura ist heute Peru der wichtigste Lieferant von natürlichem Cochenille.
Das aus den Läusen gewonnene Cochenille, war bis zum Aufkommen der künstlich hergestellten Farbstoffe im 19. Jahrhundert neben der Krappwurzel der wichtigste Pflanzenfarbstoff für intensive und leuchtkräftige Rotfärbungen auf Stoffen. Noch im Jahre 1870 exportierten die Kanarischen Inseln 3000 Tonnen Cochenille. Kurze Zeit später wurde es durch die künstliche Produktion von Anilinfarbstoffen, die aus Erdölprodukten gewonnen werden, vom Markt verdrängt.
Gewinnung des Farbstoffes
Die Kermeslaus lässt sich auf den im Mittelmeergebiet heimischen Kermeseichen als Wirt nieder. Früher hielt man die rundlichen Läuse für Beeren. Die Weibchen lassen sich auf den Blättern der Pflanze nieder und saugen sich fest. Die Männchen entwickeln sich zu Insekten mit zwei Flügeln und sterben nach der Paarung mit dem Weibchen ab. Die Weibchen nehmen eine kugelförmige Gestalt an und legen ihre Eier in einem weißlichen Belag auf die Blätter. Nach dem Absterben der Weibchen verbleiben die Körperhüllen als schützendes Schild über den Eiern. Diese Hüllen werden abgesammelt und getrocknet. Zum Ernten der polnischen Cochenillelaus muss die Wirtspflanze ausgegraben werden, da sich die Läuse an den Wurzeln des Nelkengewächses finden.
Zur Gewinnung des Farbstoffes aus der amerikanischen Cochenillelaus wurden bereits vor einigen Jahrhunderten Kakteenplantagen angelegt. Die Ohren der Opuntien werden mit Hilfe der Muttertiere „beimpft“. Diese legen 16 Tage lang täglich 400 Eier. Für den Kaktus ist die Schildlaus ein Parasit, der sich festsaugt und von seinem Saft lebt. Der Farbstoff wird von den Läusen selbst produziert und befindet sich im Körper der Weibchen und in den Eiern.
Nach 75 Tagen haben sich hunderte von dicken Läusen entwickelt. Diese werden kurz vor ihrer Eiablage gesammelt, da besonders die Eier viel roten Farbstoff enthalten. Nach der Ernte bricht der Cochenillegärtner die Ohren der infizierten Kakteen ab. Ein geübter Pflücker erntet pro Tag bis zu 1kg Läuse was etwa 140000 Tieren entspricht. Er tötet sie in heißem Wasserdampf oder trocknet sie an der Sonne. 3kg der Tiere ergeben 1kg getrocknete Läuse.
Das Färben mit Cochenille
Das natürliche Cochenille wird heute von Pflanzenfärbern zur Rotfärbung von Textilien eingesetzt (siehe Bild von E. Bollhalder). Zur Vorbereitung des Färbebades werden die getrockneten Läuse gemahlen und über Nacht in Wasser eingeweicht. Am nächsten Tag filtriert man die Brühe nach 15-minütigem Kochen durch ein Tuch in einen Färbetopf. Nach dem Beizen der Textilien erfolgt deren Färbung unter Zugabe von weiteren Beizmitteln durch einstündiges Kochen im Färbebad. Weinstein und Zinnchlorid erzeugen dabei ein Rot von intensiver Leuchtkraft.Durch Misch- oder Überfärbungen mit Indigo oder Krappwurzel entstehen Violett- oder Orangetöne. Zur intensiven Färbung von 1kg Wolle sind ca. 100g getrocknete Läuse notwendig. Das Bild zeigt die Farbpalette von Cochenillefärbungen auf Wolle.
Verwendung
Der natürliche Farbstoff Cochenille wird heute gelegentlich als Lebensmittelfarbstoff (E 120) im roten Campari verwendet. Meistens handelt sich aber bei dem in den Lebensmitteln verwendeten Cochenillerot um künstlich hergestelltes Carmin (zum Beispiel E 124 in Gummibären). Cochenille kann Allergien auslösen, wenn es eingenommen wird, daher erscheint seine Verwendung als Lebensmittelfarbstoff fragwürdig.
Lippenstifte enthalten häufig Cochenille als färbende Substanz. In der Mikroskopie färbt man Zellkerne zur Kontraststeigerung mit Hilfe des Carmins rot an. Cochenille kann auch zur Färbung von Ostereiern verwendet werden.